Meine Lieben,
Chlamydien sind keine Blumen
„Lavendel, Oleander, Jasmin, Vernel“, ja,
Blütenduft in der
Wäsche, das mag eine jede, und schon die melodiösen
Namen der Blumen
sind bedingungslose Garanten für eine tiefes Schläfchen
im schlafzimmerlichen
Maiensäss. Ob der Name Chrysanthemen unbedingt ein Garant für ein
leckeres Abendessen ist, kann ich nicht beurteilen. Das
Blumenkochbuch jedenfalls
verspricht solches. Immerhin isst der Inder ja angeblich seit Jahrhunderten
Chrysanthemen zum Reis, und zumindest das stets mitessende Auge wird dies
mit Sicherheit goûtieren.
Tante Hildegard Radio
Talk 5
Weit weniger gustibil, meine Lieben, sind Chlamydien, das lasst
euch sagen. Denn Chlamydien sind keine Blumen.
Chlamydia trachomatis, klingt das nicht wundervoll, etwa wie
Cyklamen und Taghetis,
denkt man da nicht unweigerlich an üppig wuchernde Balkonkistchen oder
die Kobushi-Magnolie im Stadtpark? Nun, üppig wuchern, das
kann die Chlamydie
auch, allerdings nicht im Balkonkistchen, sondern auf den Schleimhäuten.
Und nicht nur die Kobushi-Magnolie, sondern auch die Chlamydie kann man sich
unter Umständen im Park holen, das muss ich euch jetzt nicht
extra erklären,
Herrschaften, nicht wahr. Im Gegenteil zur Chrysantheme, jedoch,
die beim Betrachter
grosse Freude verursacht, verursacht die Chlamydie ihrem Besitzer
meistens garstige
Infektionen in Gebärmutter, Rektum oder Bindehaut. Ja, meine Lieben, die
Chlamydie ist eine kleine Bakterie, und an ihrem Beispiel
möchte ich euch
einmal mehr dran erinnern, dass man sich nicht nur in der Hitze des Sommers,
sondern vor allem in der Hitze des Gefechts auch ein Saatgut holen kann, dass
weniger schöne Blüten treibt. Und da man es zur
Sommerzeit gerne etwas
floraler liebt, dachte ich mir, die Chlamydie sei eine geeignete
Botschafterin
für dieses leider äusserst unblumige Thema.
Zugegeben,
auch die Feigwarze könnte Assoziationen mit sommerlich reifen
Fruchtständen
und mediterraner Küche wecken, aber Warzen, zumindest den
nicht angeborenen,
steht doch der grösste Teil der Bevölkerung etwas
reserviert gegenüber.
Naja, und um die Kollegen von Chlamydie und Feigwarze, wie
beispielsweise Gonorrhö,
Herpes Genitalis, Syphilis und Trichomonaden steht es ja verbal
eher unschön.
Wichtig ist, dass ihr euch bewusst seit, das der HI-Virus nicht das einzige
ist, was ungefragt erwerben könnt, wenn ihr auf konsequenten
Schutz verzichtet.
Überall, wo Leben ist, da herrscht ein stetes
Blühen und Spriessen. Das ist einerseits das Normalste der
Welt und andererseits
nicht ganz ungefährlich. Und darum ist es auch ebenso normal
und unspektakulär,
sich und den Partner ganz selbstverständlich zu
schützen.
Eure Hildegard
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