Meine Lieben,


ihr macht euch ja keine Vorstellung, durch welches Fegefeuer ich in den letzten Stunden gegangen bin! Ja ganz recht, ich bin es, eure Hildegard, die da aus dem Radio zu euch spricht. Und wenn ihr euch auch immer vorgestellt habt, dass da in diesen Radios hinter den Lautsprechern ganz kleine Menschen drin sitzen, an klitzekleinen Schreibtischen, und durch Zwergmikrofone sprechen, dann könnt ihr spätestens jetzt von dieser Vorstellung Abstand nehmen, denn ihr kennt ja meine stattliche Figur, nicht wahr.
Ich sitze also hier in so einem „Radiostudio“ und kämpfe seit geraumer Zeit mit diesem seltsamen Mikrofon, das irgendwie aussieht wie ein totes Meerschweinchen. Mein Gott diese Haare überall, gepflegt sieht das Ding ja nicht gerade aus, nee. Im Fernsehen sieht man diese Dinger ja oft, wenn irgendwer interviewt wird, und ich dachte mir eigentlich immer, diese Pelzchen um die Mikrofone wären zum Schutz da, falls die Dinger in der Hektik der Reporterschlachten gegen die Köpfe der Anwesenden donnerten. Aber nun hab ich hier im ruhigen Tuskulum dieses einsamen Studios auch so`n Chinchilla vorm Gesicht und ich kann mich kaum konzentrieren, denn ich warte bloss darauf, dass sich das Teil plötzlich irgendwo bewegt und mir womöglich in den Schoss hüpft. Meine Herren!

Nun gut. Ich werde versuchen, nun zum wahren Anlass meiner Radiopräsenz zu kommen – garantieren kann ich aber für nichts. Also, meine Lieben, lange Rede kurzer Sinn: Nach wie vor bin ich nämlich auf der Suche nach meinem lieben Herr Sohn, dem Rudi. Wie vom Erdboden verschluckt ist der Schlingel seit Monaten und ich habe guten Grund zur Annahme, dass er sich mal wieder Hals über Kopf verliebt hat und irgendwo hier in der Stadt auf rosa Wolken gebettet durch einen Himmel voller Geigen schwebt, und darüber den Rest der Welt und namentlich mich weit unter sich gelassen hat.
Da kommt mir dieses Stelldichein der Schwulen und Lesben - sagt man ja jetzt - mit seinem unmissverständlichen Motto "homo elektrik" gerade recht, und das Medium des Radios billig, ihm das Wort Familie tüchtig in den Ohren klingeln zu lassen, mein lieber Schwan! Erst war der Junge ja von der Mutterbrust kaum wegzu-kriegen. Ich machte mir damals schon ernsthaft Sorgen, was die Leute sagen könnten, wenn da mein Spross mit seinen 35 Lenzen immer noch hinter Mutti durch die Fussgängerzone bummelt oder meinen Einkaufswagen durch den Aldi schiebt. Wie sieht denn das aus, mein Gott. Da kommt man sich doch vor wie Rainier von Monaco mit seinem Albert, nicht wahr.

Aber als der Rudi dann doch endlich mal ein paar Schritte um die Häuser ging, da gab es für ihn kein Halten mehr, gell. Jedesmal, wenn der sich verliebt, da löst sich die Welt um ihn herum in Luft auf, scheint mir. Und das ist ja nun wieder das andere Extrem, nicht?! Ich frage euch: Muss man denn jedes Mal alle Brücken abbrechen wenn man ein anderes Ufer erreicht hat? Man muss ja auch nicht immer gleich Politiker werden, wenn man mal was begriffen hat! Ich sage euch hier an dieser Stelle, meine Lieben: Wenn „Sisters Sledge“ die einzige Assoziation zu „We are Family“ ist, dann freue ich mich darauf, beim Errichten von einigen neuen Brücken mit anzupacken, gell. Und wer weiss, vielleicht reicht ja eine sogar bis auf die Wolke von meinem Rudi. In diesem Sinne bis bald,

Eure Hildegard.

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